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Transalp Etappe 1

Flashback Bike Transalp – vor 5 Jahren standen Micha und ich am Start!

Als ob es gestern gewesen wäre fühle ich mit den Teilnehmern der Bike-Transalp die ihrem morgigen Start entgegen fiebern. Was für eine Aufregung so kurz vor dem Rennen. Voller Erwartung endlich in ein Etappenrennen zu gehen, auf das man monatelang trainiert hat, nicht zu wissen, ob die Beine mitmachen, ob die Moral während des Teamrennens positiv bleibt und wie man eben durch kommt. Trotzdem voller Vorfreude auf ein unvergessliches Erlebnis, bei dem es vor allem darum geht seine eigenen Grenzen auszutesten, zu spüren zu was man im Team eigentlich fähig ist.

Vor genau 5 Jahren standen Micha und ich genau an diesem Punkt – 4 Wochen vor unserer Hochzeit wollten wir nochmals gemeinsam solch ein Ziel erreichen. Damals noch 8 Etappen mit insgesamt 612,89 km und 20.430 HM waren auf unserem ausgedruckten Höhenprofil sichtbar. Die Etappen waren von Oberammergau nach Imst, von Imst nach Ischgl, von Ischgl nach Nauders, von Nauders nach Scuol, von Scuol nach Livigno, von Livignio nach Ponte di Legno, von Ponte die Legno nach Madonna die Campiglio und von Madonna die Campiglio ins Ziel nach Riva del Garda.

Wenn ich heute die Streckendaten anschaue, dann frage ich mich manchmal,  wie habe ich überhaupt eine Etappe ohne Ebike geschafft?! 😉

Die erste Etappe hatte es vor allem aufgrund der Witterung in sich, Bergbäche traten über die Ufer, es war teilweise so kalt, dass am höchsten Punkt Rettungsdecken an schnatternde Teilnehmer ausgegeben wurden, da wir mit dem ganzen Tross bei 2 C und Regen fast 20 Minuten am höchsten Punkt warten mussten, bis der Helikopter wieder abhob um einen Verletzten zu bergen. Als wir als ungefähr 50. Mixed Team im Ziel ankamen waren wir dann nur noch froh heil da zu sein.  Unser Ziel von Anfang an war es sowieso einfach gut gelaunt, gesund und munter bis nach Riva zu schaffen und eben so gut wie möglich zu fahren.

Im Hotel mekten wir dann, wie schwierig es ist ohne Begleitung unterwegs zu sein. Unsere Reisetaschen waren weg und wir waren zugedreckt bis oben hin. Also hieß es ins Zimmer zum duschen und im Handtuch „splitterfasernackt“ zu warten bis hoffentlich jemand unsere Reisetaschen mit der ganzen Wechselkleidung findet und uns bringt. Gott sei Dank überraschten uns damals gute Freunde Jo und Andi in Imst im Ziel und konnten dann auch irgendwann unsere Taschen auf irgendeinem Campingplatz ausfindig machen und mit dem Auto zu uns ins Hotel bringen. Danke, das werden wir Euch nie vergessen!

Wir waren damals auf dieser ersten Etappe erstaunt wieviel Gas am ersten Tag gegeben wurde. Unsere Taktik vor allem am ersten Tag Kräfte zu schonen ging jedoch auf. Bis auf meine Knieprobleme, die wohl aufgrund der dreiviertel langen Regenhose kamen, waren wir recht gut unterwegs. Denn schon am zweiten Tag merkten wir, dass unsere gesparten Körner uns weiter nach vorne halfen. Durch die  vielen Regenfälle verwandelten sich die Trails in glitschige Matschwanderwege und in einer nachfolgenden steilen Asphaltabfahrt stürzte Micha kurz vor einem Tunnel und schliderte 8 Meter weit auf die Gegenfahrbahn. Wir hatten Glück im Unglück, dass kein Auto kam. Die Regenhose sorgte dafür, dass Micha schön schliderte und dadurch kaum Schürfwunden hatte, sonst auch unverletzt blieb und auch die abgebrochene Schaltung konnten wir mit Kabelbinder wieder flicken.

Auch der vorhergesagte Schnee blieb aus und war nur am Streckenrand zu sehen und mit fast 5 C war es dann oben fast schon schnuckelig warm 🙂 Ohne Begleitung merkten wir im Ziel dann doch, wie schwierig es war jemanden zu finden, der Michas Rad wieder reparierte, zur Pastaparty zu kommen, die Bikes sauber und wieder startklar zu machen und noch rechtzeitig zur Massage zu kommen. Unglaublich wie wenig Regeneration wir da hatten.

Von Ischgl aus machten wir uns dann auf zur dritten Etappe und auch hier sollten wir nicht ganz ohne technische Probleme auskommen. Irgendwann gab plötzlich Michas Schaltung doch wieder den Geist auf und so kam es, dass er nur noch auf dem großen Blatt hinten fahren konnte. Er treppelte sich also einen Ast auf kilometerlangen leicht abschüssigen Abschnitten und so kam es, dass plötzlich ich öfters vorne im Windschatten fuhr, mich aber auch immer wieder hinter ihn setzte um ihn anzuschubsen, bis ein netter Mitstreiter Mitleid mit uns hatte und sich dann vor uns beide setzte, so dass ich immer wieder von hinten kurz anschubste, um dann wieder hinter Micha und dem netten Mitsreiter in den Windschatten zu fahren. Immer wieder schön und unvergesslich sind solche Situationen, wo Teams und Mitstreiter einfach zusammenhalten.

Im Nachhinein muss man sagen hatten wir schon ganz schön Pech und mussten uns wirklich Tag für Tag durchkämpfen. Wir hatten es uns schon schwierig vorgestellt 8 Marathons hintereinander zu fahren, aber dass eben so viele Dinge, wie die Witterung, die Technik, Stürze uns begleiten sollten, darauf waren wir nicht unbedingt eingestellt. Und trotzdem muss ich sagen hat immer das wichtigste gepasst: der Teamgedanke und der Kampfgeist. Ans Aufgeben haben wir bis dahin nie auch nur eine Sekunde verschwendet.

Wir verbesserten uns schon ab Tag 2 in der Rangliste und fuhren so immer zwischen dem 32 und 37 Platz und waren erstaunt, dass wir trotz unserer immer wieder auftauchenden Probleme doch noch so gut dabei waren. Uns wurde dann schnell klar, dass wohl noch mehrere Teams mit Schwierigkeiten zu kämpfen hatten.

Tag 4 war denn der absolute Durchbruch. Eine eher kürzere Etappe so um die 52 km und nur 1750 HM lag mir so viel besser und wir düsten voller Freude durch jede Verpflegungsstation nur so durch, hielten nicht einmal an und lachten und freuten uns an den Trails und daran wie scheinbar der Knoten endlich geplatzt zu sein schien. Auch die  Sonne lachte endlich den ganzen Tag und wir überholten auf den Trails ein um das andere Team. Völlig euphorisch, ohne defekt, ohne Sturz einfach nur glücklich und voller Endorphine fuhren wir Hand in Hand ins Ziel. Genau so hatten wir uns die Transalp vorgestellt.

Schon im Hotel sagten wir das müssen wir feiern, als wir dann noch 32. wurden war klar, wir lassen die Pastaparty ausfallen und gönnen uns eine leckere Pizza. Wir waren uns sicher, jetzt haben wir die Hälfte geschafft trotz aller widrigen Bedingungen werden wir jetzt auch den Rest noch sicher ins Ziel fahren.

Unser Glück war leider nicht von langer Dauer. Gegen 23:30 Uhr krabbelte ich mit Bauchkrämpfen aus dem Bett und verbrachte die ganze Nacht auf dem Klo.

Wir entschieden die Nacht abzuwarten und ich hoffte einfach nur, dass es ein fieser eintägiger Magendarminfekt ist und ich am nächsten Tag weiter fahren kann. Nach 2,5h Schlaf, 5 Salzstängel, 2 Schluck Wasser und 2 Immodium Akut schleppte ich mich mehr schlecht als recht dann an den Start der 5 Etappe. Knappe 70 km mit ca. 2500 HM sollte ich so durchhalten. Wir beide schworen uns wenn es noch schlechter wird, aufzugeben und so kämpften wir uns jeden Berg hoch. Ich glaube es gab keinen Berg an dem Micha mich nicht geschoben hat, unglaublich wie sehr er mich unterstützte.

In der Mitte der Etappe wurde immer klarer, dass das heutige Ziel nur noch halbwegs sicher ankommen heißt. Wir ließen uns lange Zeit, machten 15 min Pause an einer Verpflegung, hatten einen Platten und irgendwann in der prallen Mittagssonne musste Micha beide Räder schieben und ich schaffte es nur noch laufend einen Fuß vor den anderen zu setzen. Irgendwie – fragt mich nicht wie – schafften wir auch diese 2400HM mit kaum Trinken und ohne Essen.  Im Ziel war jedoch schnell klar, wenn jetzt nicht ein Wunder passiert ist die Transalp für mich Geschichte. Und so war es dann leider auch. Im Hotelzimmer angekommen fror ich und hatte 38,3 C Fieber, der Durchfall hörte auch einfach nicht auf und sobald ich Nudeln versuchte musste ich mich übergeben. Am nächsten Tag sollte die Königsetappe sein mit 106,29 KM und 3.541 Höhenmeter. Auch der mörderische nicht mehr enden wollenden Anstieg auf den Mortirolo der erst bei Kilometer 70 beginnen sollte wäre auf dem Plan gestanden. Schon im gesunden Zustand wäre bei dieser Etappe am 6. Tag für mich das Ankommen eine absolute Herausforderung gewesen.

Nach einigen Tränen und langem hin und her war daher klar ich bleibe alleine in Livigio zurück, da ich nicht transportfähig war und auch niemand mehr einen Platz frei hatte. Micha musste also für uns beide das Finisher Trikot holen! Wir hatten uns schließlich nicht 5 von 8  Tagen umsonst durchgekämpft, um dann beide aufzugeben. Mein Ergebnis konnte sich trotz allem sehen lassen. 5 Etappen geschafft und 362,59 km mit 11479 HM durchgestanden in 5 Tagen.

Der Schluss ist dann eigentlich recht schnell erzählt. Micha kämpfte sich die restlichen 3 Tage noch erfolgreich alleine nach Riva durch, hatte aber nicht mehr sehr viel Spaß dran, da wir eben einfach gemeinsam ankommen wollten. Ich musste noch 2 Tage warten bis mich Michas Bruder mit dem Auto abholen und nach Riva bringen konnte. Auf der Fahrt nach Riva gewitterte, stürmte, regnete es wie verrückt und im Auto sagte ich immer noch mit Bauchkrämpfen – irgendwie scheint alles gegen mich zu sein, dass ich in Riva ankomme. Nachts um 0:30 Uhr kamen wir endlich an und durften sogar noch im Hotel einchecken. Am nächsten Morgen warteten wir im Zielbereich auf Micha und als er anflog kletterte ich über die Absperrung und rannte mit Micha gemeinsam über die Ziellinie. Unser Zieleinlauf  wurde sogar im Video der Transalp 2012 dann verewigt.

Denn darum geht es eben bei der Transalp vor allem – die Geschichten die neben dem Renngeschehen passieren. Die einem teilweise zu Tränen rühren und die einen stark machen.

Und wer sich fragt warum tut man sich so ein Drama eigentlich an? weil es ein unglaublich emotionales Abenteuer ist, das einen an und manchmal auch über seine Grenzen hinaus bringt. Es ein unbeschreibliches Gefühl ist jeden Tag die Ziellinie zu überqueren und zu wissen: wow das haben wir gemeinsam geschafft!

Ich glaube wir hatten einfach etwas Pech erwischt und den Magen-Darm-Infekt der hat viele Teams an dem Abend getroffen und es gaben viele auf. Heute weiß ich, ich würde mehr auf die Ernährung achten und mich wenn möglich selbst versorgen mit einer Begleitung im Hintergrund die etwas organisatorisches abnimmt. Größten Respekt habe ich für alle im Massenlager – unfassbar wie es da zu geht, wenn es 2 Tage nur geregnet hat und alle Kleider nass sind es aber zu wenig Waschmaschienen und Trockengelegenheiten gibt…ihr seit die wahren Gewinner genauso wie die Gewinner der Herzen, die meistens erst im Dunkeln über die Ziellinie fahren.

Meine Tipps für die jetzigen Teilnehmer: mir hat Musik unglaublich gut getan. Mit einem Knopf im Ohr sang ich mich so manchen Berg hoch, wenn ich mal dachte es geht nicht mehr. Manchmal hab ich auch von Mitstreitern gehört: „sach mal sei doch mal ruhig ich hab 180 Puls und du singst noch vor Dich hin“ – ha die konnten ja nicht wissen, dass ich mit 180 Puls immer noch quatschen und singen kann 😉

Haltet durch, haltet vor allem zusammen, habt Spaß, genießt das Geschehen, lernt nette Leute kennen und vor allem packt auf keinen Fall Immodium akut sondern Kohletabletten ein 😉

Ich drücke auf jeden Fall alle Daumen für die Starter der 20. Transalp. Habt ganz viel Spaß und kommt heil und gut gelaunt in Riva an.

Und mit der Transalp haben Micha und ich halt echt noch eine Rechnung offen irgendwie 😉

 

 

3 Gedanken zu “Flashback Bike Transalp – vor 5 Jahren standen Micha und ich am Start!

  1. Liebe Jani! tolle Story….zum Schluss hab ich geheult ?
    Hut ab vor allen, die sich sowas trauen!!!! ….und sicher noch geiler, wenn man solche Erlebnisse mit dem Lebenspartner teilen kann!!!

    1. Danke Ramona, ja das war wirklich eine absolut emotionale Sache für uns zwei und wir sind auch sehr glücklich, dass wir das gemeinsame Hobby auch immer noch teilen! 🙂

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