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(M)ein Protokoll zum 1. European Women’s Outdoor Summit – „Unsere Geschichte(n) – Unsere Zukunft“

Unter diesem Motto fand am letzten Wochenende (vom 27.10-29.10.2017)  der 1. European Women’s Outdoor Summit in Laax in der Schweiz statt. Und viele fragen sich wahrscheinlich, was das denn eigentlich für eine Art von Gipfeltreffen war. Ich versuche daher einmal unser inspirierendes Wochenende in Worte zu fassen – auch wenn ich immer noch geflasht bin, was es auf der Welt für tolle Sportlerinnen und Persönlichkeiten gibt und mit welchem Feuer sie Lust haben etwas zu verändern.

Anna Weiß und Hannah Röther, die beide selber Mountainbikerinnen und Journalistinnen sind, hatten gemeinsam mit der Region Flims Laax Falera im Schweizer Kanton Graubünden, ca. 50 Frauen in unterschiedlichsten Outdoorsportarten eingeladen groß zu denken.

Ihr Ziel im Vorfeld war es Kräfte zu bündeln, Meinungen zu hören und Ideen zu sammeln, um ihre geplante Internetplattform „Bloomers“ http://www.bloomers-outdoors.com im kommenden Jahr Online zu schalten. Die Plattform soll u.a. Outdoorsport für Frauen noch attraktiver machen und den Einstieg erleichtern. Geplant ist, dass die Seite Ende Mai 2018 Online gehen soll und bis dahin gilt es die Seite mit Leben zu füllen. Die Spannung wie das genau gehen soll, war bei dem ganzen Teilnehmerfeld regelrecht zu spüren.

Am meisten freute es mich, dass anscheinend das E-Mountainbiken, neben dem Mountainbiken, als eigenständige Outdoorsportart verstanden wurde, weshalb auch ich eingeladen wurde, neben zahlreichen Profi-Athletinnen, Journalistinnen, Kreativschaffende, Bloggerinnen, Guidinnen und Industrie-Insider, hierzu meine Gedanken mit einzubringen. Vielen Dank dafür!

Es war ein absolut spannendes aber auch sehr anstrengendes Wochenende voller Emotionen und Einblicke in andere Sportarten, die Outdoor-Branche, Geschichten und wundervollen Frauen.

Um aber die Outdoorsport-Branche und die derzeitige spärliche Medienpräsenz von Sportlerinnen überhaupt verstehen zu können, hörten wir den ganzen Samstag zahlreiche Vorträge, die ich versuche hier einzeln zusammen zu fassen. Ich habe mir lange überlegt, ob ich so ausführlich auf die Inhalte eingehen will, aber ich finde einfach, dass so viel wertvolles und interessantes gesagt wurde und passiert ist, dass ich es in voller Länge abdrucke. Wer keine Lust zum Lesen hat, kann ja auf einen meiner anderen Blogbeiträge ausweichen. Mein Fazit zu diesem Event findet Ihr ganz unten auf der Seite von diesem Beitrag.

DER SUMMIT

Am Freitag Abend fand in lockerer Runde eine erste Begrüßung von Hannah und Anna und ein erstes Kennenlernen statt, bevor der Samstag für die Frühaufsteher bereits um 7 Uhr zur Einstimmung mit einer Morgenmeditation von Sandra Neumann startete. Nach dem Frühstück fuhren wir mit dem Bus zu unserer Tagungslocation, dem gelben Haus in Films. Nach der offiziellen Begrüßung und Warm-up durch Hannah und Anna starteten die ersten Vorträge, die ich nachfolgend zusammen fasse.

Vortrag 1: Habt Ihr ein Lieblingsbaumarkt? – PR- Expertin Ulrike Luckmann berichtete über ihre Erfahrungen und über das schwierige Verhältnis der Outdoorbranche zu Frauen.

Inhaltsverzeichnis

Ulrike leitete ihren Vortrag mit einem Einblick in die Historie ein und erläuterte, dass wir es uns bewusst machen sollten, dass vor 100 Jahren Frauen noch gar keinen Outdoor-Sport machen durften und sie – bis auf wenige Ausnahmen – erst in den letzen 20 Jahren immer stärker in männliche Sportarten vordrangen. Den „Kampf“, dass Frauen in diese Sportarten eindringen, hätten die Männer also bereits verloren, aber noch hätten Männer die Möglichkeit Machtpositionen in z.B. Verbänden oder Firmen zu verteidigen. Ulrike erläuterte, dass das eine der Ursachen dafür sei, dass Frauen im Outdoorsport immer noch viel zu wenig präsent seien. Während also Männer, um ihre letzten Domainreste kämpfen würden, führten Frauen immer noch einen Kampf um Anerkennung! Gegensätze würden demnach aufeinander prallen!

Von 10 Internetseiten im Skibereich, die sie im Internet geklickt habe, zeigte nur eine Startseite eine Frau und diese sei hinter einem Mann und einem Schaf gestanden.

Modefirmen hingegen, würden Frauen inzwischen sehr gut ansprechen, weshalb ist das in der Outdoor-Branche nicht so? Die Branche sei immer noch stark männlich geprägt und würde das Verhalten von Frauen schlicht nicht verstehen. Also woran liege es, dass Frauen so wenig präsent sind? Liegt es am missverstandenen Einkaufsverhalten? Frauen würden auf zwei verschiedene Weisen einkaufen und zwar anders als Männer!

Sie würden einmal bedarfsgerecht einkaufen, also alles was sie notwendigerweise brauchten zum essen, anziehen usw. und dann shoppen sie aber auch noch. Beim Shoppen müsse nicht unbedingt eingekauft werden, es gehe hier um das Erlebnis! Man stöbere und wenn einen etwas anspringe, dann würde es gekauft. Shoppen sei also mit Emotionen verbunden. Oft auch mit emotionalem Stress, wo das Lieblingsgeschäft aufgesucht würde, um sich in einer anderen Welt mit schönen Dingen zu umgeben!

In der Outdoor-Branche hätte es es früher keine speziellen Frauenprodukte gegeben, das habe sich jedoch bereits deutlich verbessert! Auch für kleine Frauen gebe es inzwischen ein Angebot!

In einer Studie sei belegt worden, dass etwa 45 %  im Sport kauften, weil sie etwas brauchten, also bedarfsgerecht! Ein „Shoppen“ finde in diesem Bereich bisher nicht statt, weshalb auch 82%  der Frauen keinen Lieblingssportladen hätten. Das emotionale Level in einem Sportladen sei also mit dem in einem Baumarkt vergleichbar! Obwohl viele sogar einen Lieblingsbaumarkt hätten, aber eben keinen Lieblingssportladen. Das Verhältnis zu Sportläden sei also rational geprägt. Die Marke spiele dabei eine untergeordnete Rolle, nur die Qualität sei bisher wichtig!

Dass das Shoppen in der Outdoor-Branche nicht stattfinde sei aus Firmensicht eine Katastrophe! Vor allem vor dem Hintergrund, dass Frauen der am schnellsten wachsende Markt seit bestehen des Planeten sei. Seit Frauen selbständig und unabhängig bestimmen über ihr Geld, hätten sie eine äußerst starke Kaufmacht! Aber der wichtigste Grund dafür sei, dass die Frauen ihren Sport lieben, weshalb sie auch bereit seien etwas auszugeben.

Der Outdoor-Sport-Markt sei weltweit gigantisch. Etwa 43 Milliarden Euro würden weltweit im Sport- und Outdoorbereich umgesetzt von Männer und Frauen zusammen! Allein in Deutschland betrage der Umsatz 7,3 Milliarden.

Mindestens 80% der Kaufentscheidung davon treffe bereits jetzt eine Frau, da sie für sich und die Kinder entscheide aber auch manchmal für ihren Mann oder zumindest dieser ihren Rat einhole.

Frauen wollen gute Produkte, Produkte die einfach zu bedienen sind, die man einfach transportieren und leicht sowie gut verstauen könne! Das bedeute Produkte müssten intuitiv bedienbar sein! Hintergrund sei, dass Frauen eigentlich immer unter Zeitdruck stehen würden.

Ulrike erläuterte, sie habe den Eindruck, dass Männer auch etwas Angst hätten, weil sie uns Frauen nicht einschätzen könnten! Unsere Aufgabe sei es den Männern die Angst zu nehmen! Ihr Lösungsweg sei, den Männern gerade in verantwortlichen Positionen vorzuschlagen, sich wieder in den Moment des Verliebtseins hinein zu versetzen! In diesem Moment würde nahezu jeder Mann überlegen, was die neue Bekanntschaft liebt und was sie mag, um ihr diesen Wunsch zu erfüllen. Genau das sei die richtige Emotion, um Frauen zu verstehen! Eine künftige Zusammenarbeit mit der bislang Männer dominierenden Outdoor-Branche dürfe nicht bestimmt sein von Konfrontation, sondern vielmehr sollte es das Ziel sein, den Verantwortlichen die Unsicherheit zu nehmen und sie dazu zu bringen, dass sie uns verstehen!

Immer noch gebe es kaum Führungsfrauen im Sport! Firmen denken immer noch eine Vereinbarkeit von Familie und Beruf sei nicht möglich. Aber frage man die Frauen direkt, seien auch 74% gar nicht bereit, sich diesem Kampf zu stellen. Schließlich verdienen sie meistens weniger, müssten sich durchbeißen, würden angegriffen und nicht ernst genommen. Hinzu käme der Stress die Familie und die Partnerschaft zusammen zu bringen.

Männer würden außerdem gerne mehr arbeiten, da es für sie oftmals einen Leistungsbeweis darstellen würde! Könnte sich das mit flexibleren Arbeitszeitmodellen verändern? Was würden Frauen in Chefetagen denn überhaupt bewirken?

22.000 Unternehmen weltweit seien befragt worden mit dem Ergebnis, dass wenn es 30% mehr Frauen in Führungsetagen geben würde, dies mit 15% mehr netto Umsatz einher gehen würde. Als bestes Beispiel nannte Ulrike ihr absolutes Lieblingsunternehmen nämlich Vaude! Früher habe Vaude ein leicht verstaubtes Image gehabt, bevor eine Frau an die Spitze des Unternehmens trat. Heute habe sie es zu einem der  nachhaltigsten Unternehmen Deutschlands gemacht! Erst im letzten Jahr habe Vaude daher den Deutschlandpreis gewonnen und 100 Millionen Umsatz gemacht. Die Chefin habe selber 4 Kinder und eines der ersten Dinge die sie verändert habe sei, dass sie einen Kindergarten gegründet habe im Unternehmen! Sie habe es verstanden, dass ein Unternehmen vor allem davon profitiere Frauen nicht aufgrund eines Kindes oder Elternzeit zu verlieren, sondern die Vereinbarkeit von Familie und Beruf auch dem Unternehmen deutlich mehr bringe.

Um also etwas zu verändern in der Outdoor- Branche müsste männliches und weibliches Denken  zusammen gebracht werden! Ein Miteinander müsse angestrebt, etwas Neues geschaffen werden! Ein gleichwertiges ergänzendes Miteinander! Kommunikation sei hierbei sehr wichtig vor allem durch neue Medien und Blogs! Das Vertrauen in eine Marke müsse durch Verlässlichkeit geschaffen werden, was wiederum zu Markenaffinität führe!

Nach dem ersten Vortrag wurde viel diskutiert – auch, dass das viele Sportlerinnen so bisher noch gar nicht wahrgenommen hätten. Einig waren sich jedoch alle, dass bislang die Visability fehle im Sportbericht und Frauen hier einfach kaum sichtbar sind. Das sollte geändert werden!

Am Ende des Summits fasste Hannah nochmals zusammen, dass wir alle aus dem 1. Vortrag mitnehmen könnten, dass Frauen eine unglaublich Marktmacht besitzen, die sie nutzen sollten. Außerdem sollten wir versuchen mit Hilfe von Bloomers, den Männern den Mehrwert klar zu machen!

Sie ergänzte, dass auch im Fernsehen Frauen verschwinden würden, wenn sie älter werden! Am deutlichsten sei dies im Kinderprogramm. Hier kämen auf 9 Figuren 1 weibliche Figur! Dabei sei gerade für Kinder mit unsportlichen Elternteilen, die weibliche Inspiration für den Sport, ebenfalls unglaublich wichtig!

Vortrag 2: „Wer entscheidet was wir nutzen?“ – Designerin Irmgard Beck schilderte ihre ganzheitliche und bewusste Betrachtungsweise in der Produktentwicklung und – gestaltung.


Irmgard entführte uns in ihre Vergangenheit und Anfänge als Designerin in der Outdoor-Branche und brachte uns zum Schmunzeln, als sie uns erzählte, das früher Produktentwicklung so aussah, dass sie als Designerin aufgefordert wurde ein extra Fach für einen Lippenstift in eine Skijacke zu planen. Sie stellte uns außerdem unterschiedliche Möglichkeiten vor Frauenprodukte zu entwerfen.

Vom „unbewussten Design“, dem Herrenprodukt mit der blöd „behübschten“ Blume darauf, über „Design als Styling“, speziell schon für Frauen entwickelt, aber noch nicht auf Verlässlichkeit getestet, brach Irmgard eine Lanze für die Entwicklung aus „Design als Prozess“. Hier würden Produkte entwickelt und man mache 2 Schritte vor und wieder einen Schritt zurück, indem Athletinnen zum Testen dazu geholt würden und der Prozess bis zum fertigen Produkt gelebt werde! Erst nach Test und der Anpassung habe man wirklich gute Produkte und genau dann sei es um so frustrierender, wenn Entscheider – oftmals Männer – nicht im Prozess beteiligt, genau diese Produkte wieder streichen würden und sich für die Blumen entscheiden! Wünschenswert wäre daher, wenn Design als Prozess verstanden und von oben nach unten Frauen und Designer mit entscheiden würden.

Auch sollten sich viele Unternehmen fragen, weshalb vorhandenene Strukturen bereits so waren und weshalb man manche Dinge immer schon so mache. Denkmuster sollten aufgebrochen werden! Der Grundtenor sollte lauten: „Was wurde bisher wie gemacht und wie könnte man es heute besser machen. Dies sollte auch eine Grundüberzeugung für jede Athletin oder Bloggerin sein!“

Auch gebe es viel zu viele Vorurteile in der Produktentwicklung oder der Vermarktung. Designern würde oftmals gesagt, dass Actionbilder von Frauen, die zu progressiv sind, nicht die Zielgruppe seien,  daher entscheide man sich oftmals für harmlosere Gruppenbilder!

Auch gebe es Vorurteile wie zum Beispiel Frauen bräuchten keine Enduro Hosen beim Biken, ihnen würde der kürzere Schnitt reichen. Irmgard stellte die provokante Frage:  „ja wollen die Frauen die Haut zwischen Protektoren und der Hose ehrlich zeigen, weil das so schön aussieht? Nie im Leben, das schaue furchtbar aus!“

Radtrikots von Frauen bräuchten auch keine 3 Trikottaschen, da der Mann doch mitfahre..!
Man habe also auch im Produktdesign Aufholbedarf, was wohl auch daran liege, dass die Mehrheit der Kreativen sich ebenfalls immer noch in einer Männerdomäne bewegten.

Am Ende des Summits fasste Hannah nochmals zusammen, dass wir alle aus dem 2. Vortrag mitnehmen könnten, dass es gilt Stereotype zu durchbrechen und wir das erreichen können, indem wir uns vernetzten, damit man uns sieht! Sie sprach außerdem den Appell aus, dass wir viel selbstbewusster an den Handel heran treten sollten, um zu sagen was wir wollen.

Vortrag 3: „Von Natur aus unterschiedlich?“ – Sophie Knechtl, Sportwissenschaftlerin erläuterte uns aktuelle Zahlen und Theorien zur Gleichstellung im Sport

Sophie erläuterte, dass die Ursache, das Frauen bestimmte Stereotype zugeordnet werden, historisch bedingt sei. Männer würden schon immer als das starke und Frauen als das schwächere Geschlecht gesehen. Unterschiedliche Leistungen im Sport hätten dazu geführt, dass es auch ästhetische Frauensportarten wie.B. Rhythmische Sportgymnastik gebe! Sophie nannte einige Beispiele, wie sehr der Frauensport dem Männersport in einigen Bereichen immer noch hinterher hinke.

Unter anderem führte sie uns vor Augen, dass erst seit 1992 Frauen das erste Mal 2 x 45 min Halbzeitlänge im Fußball spielen dürfen.

Provokativ schilderte Sophie, dass  junge Frauen z.B. beim Skisprung lange nicht teilnehmen durften und das sogar noch im Jahr 1997 mehr als skeptisch gesehen wurde, schließlich könnte „der Uterus der Springerinnen bei der Landung platzen“. Diese Äußerung wäre kein Witz gewesen, sondern stammte tatsächlich von dem langjährigen Präsident des Internationalen Skiverbandes.

Geschlechter Unterschiede, Rollenerwartungen und Rollenwerte seien also leider immer noch vorhanden und seien unter anderem auch durch die natürlichen Leistungsunterschiede gegeben. Das Herz und das Lungenvolumen von Frauen seien kleiner und sie hätten weniger Blut! Auch der Kraftunterschied sei vorhanden, so dass etwa 10-20 Tage % mehr Leistung von Männern erzielt werden könne. Dafür hätten Frauen einen Vorteil in der Flexibilität und Beweglichkeit.

Erstaunlich sei jedoch, dass Kinder, Jungen und Mädchen, die gleichen motorischen Fähigkeiten besitzen, was in einem Test herausgefunden wurde. Dies lasse den Schluss zu, dass Kinder von vornherein in unterschiedliche sportliche Bereiche gedrängt werden! Vor allem ab der Pubertät verfolgten Frauen andere sportlichen Ziele und erfüllten vorgegebene Stereotype!

Auffällig sei außerdem, dass Frauen im Outdoorsport, oftmals einen männlichen Förderer hatten in der Sozialisation, so dass diese Frauen in typischen Männersportarten aktiv sind.

Um bildlich das aktuelle Rollenbild von Frauen darzustellen habe sie einfach mal „Frauen und Sport“ gegoogelt.

Deutlich werde hierbei, dass die Weiblichkeit auf den Bildern der Sportlerinnen immer noch gezeigt werden müsse und die Muskeln nicht zu männlich sein dürften. Auch gebe es verschiedene Sportlerinnen die Gendermarker  wie z.B. lackierte Fingernägel bewusst auf Bildern zeigten! Was aus Sophies Sicht absolut nichts im Sport zu suchen habe, aber der gesellschaftliche Druck genau zu solch einer Werbepräsenz führen würde!

Vergleiche man auf Google bekannte Outdoorsportlerinnen falle auf, dass auf einigen Bildern die Frauen sehr sexy, manchmal sogar im Kleid zu sehen seien. Es falle außerdem auf, dass sie in ihrer Sportart nicht dreckig und nicht blutend abgelichtet würden.

Männliche Sportler wiederum würden mit vielen Bildern auffallen, auf denen sie in Action oder mit Gewinnerpose in ihrem Sport zu sehen seien. Männer müssten demnach nicht sexy posen! Das Bild herrsche gesellschaftlich vor! Frauen sollten sexy aussehen und dem Frauenbild entsprechen und sich nicht verdreckt zeigen. Nahezu alles würde am männlichen Standard gemessen und orientiere sich daran, was im Sport extrem präge!

Frauen würden entweder sexualisiert oder verniedlicht dargestellt! So zog sich die Frauen Fußballmannschaft  z.B. im Playboy aus, damit sie in den Medien mehr Aufmerksamkeit und Publikum erziele!

Das eigentliche Problem sei aber, dass es zu wenig Frauen in Verbänden und Vereinen geben würde und wenn dann seien diese auch in typischen Frauensportarten vertreten! Sophie verdeutlichte ihre Aussage anhand eines Ratespiels, bei welchem wir erraten mussten, wieviele Frauen in verschiedenen Verbänden sind und zeigte somit bildlich auf, dass diese Zahlen verheerend sind.

Aus der Mitte der Teilnehmerinnen wurde nach dem Vortrag angemerkt, dass wenn man bedenke, dass die kritische Masse bei 30% liege um Veränderungen zu erreichen, dies verdeutliche, dass es Jahre brauche, um Verbände zu modernisieren.

Eventuell wollten aber auch die Frauen gar keine Führungsrolle in Verbände übernehmen, denn es gebe wohl auch Verbände, die Frauen mit Handkuss nehmen würden, wenn sie denn nur wollten.

Am Ende des Summits fasste Hannah nochmals zusammen, dass die körperlichen geschlechtlichen Unterschiede im Sport erst ab der Pubertät auftauchen würden und trotzdem schon viel früher sozialisiert würden. Um dieses Problem zu lösen, sollten Frauen bzw. Mädchen möglichst früh mit Outdoorsport in Berührung kommen. Aus diesem Grund würden in der Zukunft Plattformen mit Individuen, die Rollenbilder kritisch hinterfragen, extrem wichtig werden.

Das Google Phänom, dass Frauen eher sexy zeige, könne nur durch uns selber verändert werden.

Vortrag 4: „Wie kann Hochleistung-Extremsport gendergerecht gestaltet werden?“ Ines Thoma über die Enduro World Series als Beispiel

Ines nahm auf die vorherigen Vorträge kurz Bezug und fasste zusammen, dass die Leistungsunterschiede zwischen Mann und Frau u.a. aufgrund der Sozialisation, der Geschichte und der Anatomie zustande kämen.

Auch müsse die Leistung einer Sportart wachsen, daher seien Frauen im Vorfeld schon benachteiligt im Männersport, den sie ja historisch erst viel kürzer ausüben würden. Daher müsse die Leistung von Frauen auch nicht 100% verglichen werden mit der der Männer!

Es ärgere sie daher auch wenn z.B. Redakteure anfragten, ob nicht eine EWS Fahrerin Lust habe gegen einen männlichen Redakteur zu fahren. Ines ist der Ansicht, wenn man das mache, könne die Frau immer nur verlieren. Denn gewinne die Frau bei dem Rennen hieße es:  „ja klar die ist Profi“ und wenn sie verliere gegen den Redakteur hieße es: „seht mal Frauen können doch eh nix!“

Was für sie bisher immer wichtig gewesen sei ist, dass die Frauen der EWS das selbe Rennen wie die Männer fahren dürften, jedoch in unterschiedlichen Wertungen! Bei sehr vielen Sportarten sei dies nicht so, da würden die Frauen kürzere oder andere Strecken fahren.

Innerhalb der EWS Fahrerinnen stellte man sich auf Vorbereitung des Summits nun die Frage, ob die Gleichberechtigung aus Sicht der Rennfahrerinnen innerhalb der EWS gendergerecht ist?

Alle gefragten Fahrerinnen bejahten diese Frage deutlich und lobten vor allem die Gleichberechtigung von Seiten der Organisation! Es gebe den gleichen Rennkurs, das gleiche Preisgeld, die gleiche Strecken und das Niveau sei damit völlig gleich!

Dadurch würden auch Teams motiviert Frauen aufzunehmen auch, da es weniger Starterinnen als Starter gebe, und dadurch Erfolgschancen höher seien! Auch würde das Zuschauerfeld mit Hilfe der Startanordnung so organisiert, dass die Frauenrennen fast mehr Zuschauer hätten als die Männer!

Vor ungefähr zwei Jahren fanden die Frauen es noch super, dass diese Gleichberechtigung in der EWS bestehe. Aber aktuell stelle man sich schon auch manchmal die Frage, ob das nicht  oftmals nur gesagt würde, da die Angst da sei, dass eine andere Strecke dazu führe die Frauenrennen nicht mehr so gut vermarkten zu können!

Immer problematischer sei, dass die Rennen immer gefährlicher und straffer gemacht würden und es inzwischen für eine Frau so hart sei, die Transferstrecken innerhalb des Zeitlimits zu schaffen. Um das Zeitlimit zu schaffen, kämen sie manchmal bereits völlig abgehetzt zu der gefährlichen Stage und müssten dann dort auf Zeit alles geben.

Keine der Frauen würde bisher die wertvolle Gleichberechtigung tauschen wollen, aber ob dies der richtige Weg ,sei mehr Frauen in diesen Sport zu bringen sei fraglich!

In der anschließenden Diskussion erläuterte Ines auf Nachfrage noch, dass die Medienberichterstattung auch bei den Frauen sehr gut sei, da Kameraleute mit an der Strecke stehen würden!  Aus der Mitte der Teilnehmerinnen kam noch die Frage, ob denn Fahrerinnen und Fahrer das gleiche Gehalt bekämen. Ines antwortete, das dies unterschiedlich sei und von den jeweiligen Teams abhänge, aber im Schnitt wäre es sicher noch nicht gleichberechtigt. Oftmals sei das Sponsorengehalt der Top-Fahrer im Vergleich zu den Top-Fahrerinnen deutlich besser, die meisten würden einiges weniger verdienen als die männlichen Sportler.

Was außerdem aus der Mitte der Teilnehmerinnen noch zu bedenken gegeben wurde war, dass der Profisport immer schwieriger würde, da viele Firmen inzwischen Markenbotschafterinnen ausreichten! Diese seien günstiger und Firmen wollten keine Gehälter mehr bezahlen! Auch zähle oftmals nicht nur die Leistung sondern der „Social-Media-Charakter“ einer Frau. Man habe manchmal das Gefühl, dass die Optik und wie sich eine Frau verkaufen könne, mehr zähle als die Leistung.

Auch dass Firmen inzwischen oftmals lieber Blogger und Breitensportler sehen würden, da die Reichweite dort höher sei kritisierten manche Profisportlerinnen.

Der Grundtenor am Ende der Diskussion war jedoch dann wieder einvernehmlich, nämlich dass es beides geben müsse, Frauen wie z.B. Blogger oder Markenbotschafter die Breitensportler erreichen, aber eben auch Vorbilder wie Profisportler die zeigten, wie die Sportart erfolgreich ausgeübt werden könne.

Am Ende des Summits fasste Hannah als wichtigste Aussage von Ines zusammen, dass sie gelernt habe, dass der Anspruch von Frauen gleichberechtigt und ernst genommen zu werden, auch einmal zum Nachteil werden könne und es hier auf ein gutes Gleichgewicht ankomme.

Vortrag 5:  „Zu wenig kreativ? Zu wenig talentiert?“ Jennifer Long von GoPro, ehemals Moving Adventures, über die Abwesenheit von Frauen auf der Leinwand

Jennifer erläuterte, dass sie früher auch einmal für BBC gearbeitet hatte und ihr bei der Auswahl der Filme für die European Outdoor Film Tour (E.O.F.T) aufgefallen sei, dass  es immer noch viel zu wenig Frauen in Outdoor-Filmen geben würde.

Aus Ihrer Sicht sollten viel mehr Frauen in Filme gezeigt werden, die ihre Geschichten erzählen und Communities repräsentieren! Daran arbeite sie bei der Produktion von Filmen.

Um einige Beispiele dafür zu zeigen, brachte sie uns einzelne Filmausschnitte von beeindruckenden Outdoorsportlerinnen mit und hinterließ Lust auf mehr. Nach den Filmausschnitten teilte sie mit, dass in den letzten Jahren  eine Steigerung der Besucherzahlen von Frauen bei E.O.F.T Shows bereits erreicht wurde! In den Jahren 2012/13 seien es nur 34% Besucherinnen und in den Jahren 2016/2017 schon 45% gewesen.

Social Media und Enthusiasmus sei wichtig, denn immer mehr Frauen würden eine Leadership-Rolle darin übernehmen!

Was immer noch auffalle sei, dass  einfach zu wenig Filme von und mit Frauen gemacht und gezeigt würden und wenn sie eingereicht würden, seien sie oftmals zu schlecht.

In der Diskussion ist die überwiegende Meinung der Teilnehmerinnen, dass es am fehlenden Geld liegen würde, dass Frauen keine oder wenige gute Filme produzierten.

Am Ende des Summits fasste Hannah zusammen, dass wir den Vortrag von Jennifer als Aufforderung verstehen sollten auch auf Leinwänden präsenter zu werden und uns zu trauen auch in eine Produktion einzusteigen.

Vortrag 6: tbd: „Think big!“ Produzentin Sandra Lahnsteiner über die wichtigsten Schritte zum Erfolg ihrer „Shades of Winter“ Serie

Sandra erzählte uns in einer aufregenden Zusammenfassung, wie sie 2004 ihre Inspiration erlebte, indem sie in dem Skifilm „yearbook (MSP Movies, 2004)“  feststellte, dass nur eine einzige weibliche Athletin auf der Leinwand zu sehen war. Der Moment sei geboren gewesen, als sie plötzlich wusste: „ich will einmal in einem Skifilm Skifahren!“ Diesen Traum verriet sie jedoch fürs erste niemandem, sondern behielt das für sich!

Sandra als ausgebildete Sportwissenschaftlerin und Skilehrerin kam selber aus dem alpinen Rennsport und der Einstieg ins Filmgeschäft war ein reiner Zufalle. Sie traf die Filmcrew, die alle aus dem heimischen Österreich stammten zufällig und fragte einfach, ob sie nicht mal mitfahren dürfe. Das war der Durchbruch und sie schaffte es 2008 als einzige Freeriderin mit dem Film „Made in Austria“ auf die Leinwand. Nachdem sie dann feststellte, dass es bislang nur einen einzigen schwedischen Film gab in dem nur Frauen dabei waren, wuchs die Überzeugung, dass sie das auch schaffen konnte. Kurze Zeit später  produzierte sie ihren ersten eigenen Film im Jahr 2010  mit dem Titel „As we are“. Sandra war selber Teil des Films und wurde von professionellen Freeskierinnen bei ihrem gemeinsamen Road-Trip mitten durch die Alpen begleitet und sie wurden gute Freundinnen. Gemeinsam teilen sie die Leidenschaft Freeskiing im Powder-Schnee in atemberaubenden Landschaften.

Der Film war ein absoluter Erfolg und die Kritiken überwältigend. Daher entschied sich Sandra ihren zweiten und dritten Film zu produzieren und auf die Leinwände zu bringen. Mit dem Film „Shades of Winter“ im Jahr 2013 folgte Sandras internationaler Durchbruch. Der Film bestand wie bisher rein aus Sportlerinnen und  Sandra war dabei nicht nur Teil des Films, sondern produzierte ihn und kümmerte sich gleichzeitig um die Vermarktung und den Vertrieb und das Sponsoring. Der zweite Film aus der Reihe mit dem Namen: „Pure-Shades of Winter“ flimmerte bereits im Jahr 2014 über die Leinwände und war bereits 52 min lang.  Im Jahr 2016 folgte dann aufgrund des Erfolgs der vorigen Filme der dritte Teil „Between – Shades of Winter“, welcher dann schon mit einer Länge von 1,5 Stunden die Kinosäle füllte. In diesem Film zeigt Sandra unter anderem die schönsten Freeride-Spots der Welt und jeder erhält so die Chance, die Faszination des Freeriden zu fühlen.

Um es etwas ruhiger anzugehen produzierte Sandra im letzten Jahr einen Film mit einer Freundin und einer viel kleineren Filmcrew und fokussierte sich auch in anderen Bereichen neu. So plant sie künftig über „Shades of winter“  unterschiedliche Camps anzubieten nicht wie bisher nur im Freeskiing-Bereich, sondern auch im Yoga oder Mountainbiken weiter zu wachsen. Was weiterhin bestehen bleibe sei, dass Männer nicht bei den Camps dabei sein sollten, was ein Wunsch von bisherigen Teilnehmerinnen sei – man fühle sich einfach geschützter und es gebe dann einfach keine blöden Fragen und die Frauen würden sich gegenseitig besser Supporten!

Um uns Teilnehmerinnen die Erzählungen zu verbildlichen zeigte Sandra noch Ausschnitte aus Ihren Filmen und ließ glitzernde Augen bei einigen von uns zurück.

Abschließend erläuterte Sandra, dass es ihr zu keinem Zeitpunkt um Gleichberechtigung gegangen sei, sondern vielmehr einfach darum als Frau das gleiche wie die Männer zu tun! Und hierbei müssten wir uns nicht ständig mit Männern vergleichen, solange wir auf unserem eigenen „Performance Level“ seien, sei alles gut und das reiche dann auch aus und würde durch die Bank weg auch akzeptiert werden! Zusammengefasst bleibe für sie rückblickend für immer, die Erfahrungen und die geschlossenen Freundschaften und Bekanntschaften auf der ganzen Welt!

Falls anderer Sportlerinnen Interesse an eigenen Filmen hätten, gab sie den abschließenden Tipp, das Filmetat am besten über Firmen zu akquirieren, da dies am erfolgreichsten sei.

Am Ende des Summits fasste Hannah zusammen, dass wir aus dem Vortrag von Sandra lernen könnten, dass Träume Wirklichkeit werden können. Auch wenn der Weg oft ein langer oder harter sei, zeige der Erfolg von Sandra, dass man es trotzdem machen und man sich nicht unterkriegen lassen sollte!

Vortrag 7: „Wo sind wir hier eigentlich?“ Eine persönliche Standortbestimmung von vier Flimser Local Heroines

 

Um noch einen Eindruck zu erhalten, wo wir uns eigentlich befanden, wurde uns noch die Region mit einigen ihrer außergewöhnlichen Persönlichkeiten vorgestellt. Anhand von beeindruckenden Bildern wurden wir unterhalb von Laax durch die autofreie Rheinschlucht, mit ihren Orchideen, geführt und reisten ins zweite Tal dem Tal „Viamala“, welches geprägt sei von Höhen und Tiefen in der „Viamalaschlucht“. Im Hochsommer lockten hier Canyoning- Angebote und Wanderwege. Es wurden uns außerdem starke regionale Frauen vorgestellt, die sich unter anderem als Köchinnen, Schriftstellerinnen, Alp-Bewirtschafterinnen und Endurofahrerinnen auszeichneten.

Kulinarisches durfte ebenfalls nicht zu kurz kommen, weshalb uns empfohlen wurde das typische Gericht „Capuns“ einmal zu probieren. Hierbei würden u.a. in Mangoldblätter eingewickelte Päckchen aus Spätzleteig hergestellt die u.a. mit Kräutern und in kleine Stücke geschnittenem Bündnerfleisch oder Salsiz angereichert seien.

Auch im Unterengading lade der schweizerischer Nationalpark zum Wandern ein und Biken dürfe man außen herum und durch die Uina Schlucht. Graubünden stehe insgesamt für alle Bereiche des Wintersports und in der Lenzerheide gebe es die erste fix installierte Biathlonarena der Schweiz und ein riesiges Skigebiet. Im Sommer locke der Bikepark, einer der größten in der Schweiz und im kommenden Jahr locke die Bike WM Anfang September.

Touristisch würden die Regionen im Flims, Laax und Falera im Sommer mit „Films“ vermarktet und im Winter mit „Laax“

Abschließend zeigten die erfolgreichen Zwillinge Anita und Caro Gehrig in einem Kurzfilm, wo sie für die Enduro Rennen trainieren und was die Region so spannend für Mountainbiker und Endurofahrer mache. Ein Vorteil sei in Films, dass aufgrund der Traillängen die Frequenz nicht so hoch sei, wie in der Lenzerheide beispielsweise. Der Trek Runka Trail lasse sich so in vollen Zügen genießen.

Um einen Eindruck zu erhalten von der Region brachen wir anschließend am späten Nachmittag auf zu einer 1,5 h Wanderung und bestaunten den smaragdgrün schimmernden Caumasee – die Perle von Flims. Und weil nur die Harten in den Garten kommen, gab es doch tatsächlich einige Teilnehmerinnen die bei ca. 6 C Außentemperatur hinein hüpften. Vermutlich waren die Mehrzahl davon die Wassersportlerinnen! Hut ab Mädels – das war echt beeindruckend 😉

Den Abend ließen wir in der Boardwerkstatt „Enlain“ ausklingen, wo wir beeindruckt zuhörten, wie Boards in Handarbeit gefertigt werden. Wir durften dann selbst auch Hand anlegen, um uns kleine Schlüsselanhänger zu fertigen. Ein tolles Konzept haben die Geschäftsführer auf die Beine gestellt, da es ihnen nicht vorrangig darum geht Masse zu verkaufen, sondern sie bieten Workshops an, in welchen man selbst lernt sein eigenes Board aus Palonia Holz herzustellen. Die Boards in unterschiedlichsten Größen und Einsatzgebiete sind daher wahre Unikate.

 

Gegen 23 Uhr fielen wir dann erschöpft in unsere Betten in der Hotelanlage im RockResort und waren dankbar, dass wir dank Uhrumstellung eine Stunde länger schlafen durften.

Für die Frühaufsteher fing der Sonntag dann an mit: „Früh übt sich… Reto Poltera`s Carver-Skateboard Lesson“. Da es leider regnete wurde in die Tiefgarage ausgewichen. Wie ich hörte hatten alle einen mords Spaß. Ich musste den Programmpunkt leider wegen einer fiesen Erkältung ausfallen lassen.

Gegen kurz nach 9 Uhr ging unser Summit im gelben Haus von Flims weiter. Hannah und Anna schafften kurzerhand noch mehr Raum für emotionale Geschichten und reichten das Wort weiter an Kerstin Rossek.

Vortrag 8: Diversitat geht nicht nur um Frauen sondern auch um Menschen mit Einschränkungen – Persönliche Einblicke in das Sportlerinnen Leben  – von Kerstin Rossek und Jacqueline Fritz

Kerstin, die selbst seit ihrer Geburt im Rollstuhl sitzt ist es äußerst wichtig darauf aufmerksam zu machen, dass es bei Diversität nicht nur darum gehe, dass Frauen weniger präsenter im Sport sind, sondern auch der Behindertensport zu kämpfen habe. Für Sportlerinnen mit Einschränkungen sei es oft noch um ein vielfaches schwerer Outdoorsportarten auszuüben. Menschen mit Schwerstbehinderung  gebe es in Deutschland 7,6 Millionen, davon seien ungefähr die Hälfte Frauen. Es gebe zwar Sportarten wie z.B. Fechten, was sie selbst früher bis zur Weltmeisterschaft ausgeübt habe, aber Indivivualsportarten seien oftmals nicht anerkannt und kaum finanzierbar.

Sie wünschte sich, dass Firmen oder Regisseure auch die Menschen im Sport mit Einschränkungen mehr einplanen würde, um auch in diesem Bereich Vorbilder auf der Leinwand zu zeigen. Sie selbst surfe für ihr Leben gerne und es bedeute ihr alles, dass sie das ohne Rollstuhl tun könne. Über eine Internetrecherche sei sie vor einigen Jahren auf eine gemeinnützige Organisation auf Hawai’i gekommen, die Menschen mit einem Handicap ans Surfen heranführten und buchte kurzerhand einen Flug und eine Unterkunft über Couchsurfen. Schon am ersten Abend habe ihr Eddie – ein Local – etwas von der Insel erzählt und dann einfach zwei Longboards geschnappt und sei mit ihr aufs Meer gepaddelt. Erst nach 90 Minuten seien sie zurück am Strand angekommen, voller Glück und Dankbarkeit, dass ihr das einfach so jemand zugetraut hatte.

In einem weiterhin emotionalen Beitrag legte Kerstin offen, wie wenig ihr oftmals zugetraut wurde. Sie reise schon immer sehr gerne und habe in der Vergangenheit immer wieder über Couchsurfen  tolle Menschen kennengelernt wie z.B. in Marokko, die sie überzeugen konnte, dass sie es schafft alleine mit dem Kamel durch die Westsahara zu reiten. Diese Menschen hätten nach einigen Gesprächen ihr den Erfolg einfach zugetraut, sie in ihrem Vorhaben unterstützt und einfach los reiten lassen, ohne groß nach Versicherungen zu fragen. Sie wünscht sich, dass viel mehr Menschen auch Behinderten mehr zutrauen. Außerdem dankte sie ihren wundervollen Eltern, die immer gesagt hätten, dass sie vor nichts Angst zu haben brauche. Nicht vor ihren Wünschen und Plänen, noch vor dem Scheitern und den Meinungen anderer.

Da nicht jeder solche Eltern habe und es so wichtig sei auch in diesem Bereich Vorbilder zu haben, wünschte sie sich, dass Bloomers vielleicht auch für Menschen mit Einschränkungen Zugang zu Informationen bieten könnte.

Anmerkung von mir: Nur 6 Tage nach unserem Summit freut es mich um so mehr, dass Kerstin nun endlich unter die Blogger gegangen ist. Solche Geschichten berühren und zeigen einfach, was wirklich wichtig ist im Leben. Ich hoffe sie erreicht ganz arg viele Menschen, auch die, die mit ihren Einschränkungen zu kämpfen haben und wer -wie ich- mitlesen mag, kann das hier tun: http://www.krossek.de

Auch Jacqueline Fritz berichtete über ihr Leben als Outdoorsportlerin und wie sie dazu gekommen ist, einbeinig Alpenüberquerungen zu meistern. Immer dabei sei seit einiger Zeit ihr treuer Begleiter und Freund Hund Loui.

Im letzten Jahr sei sie als Outdoor Abenteurer des Jahres gewählt worden, da ihr gelungen sei, was noch niemand vor ihr geschaffte hatte: die Alpen (35.000 Höhenmeter) mit nur einem Bein und auf zwei Krücken zu überqueren. Das sei jedoch nicht immer so gewesen. Mit etwa 15 Jahren sei ihr Bein nach einer Operation abgestorben und sie sei erst einmal in ein Loch gefallen. Habe 8 Jahre in Krankenhäuser gelebt und irgendwann entschieden, dass sie ihr Bein amputieren lasse. Symbolisch hätten sie ihr Bein beerdigt und sie habe sich erstmal mit Schmerzmittel betäubt und kaum mehr Lebensmut gehabt.

Irgendwann entschied sie aber, dass sie ihr Leben weiterleben will, ließ sich eine Prothese anfertigen, schrieb sich bei der Uni ein und kaufte sich ein Auto. Doch was fehlte war, dass sie mit ihren Freunden an den Wochenenden in die Berge konnte. Heimlich trainierte sie ein halbes Jahr dafür, bis sie sich am Ende der Saison traute zu fragen, ob sie dieses mal mit könne. Mit Erfolg!

Gelernt habe sie daraus, dass man für seine Ziele kämpfen müsse. Das beste daran sei, dass sie beim Klettern aufgrund des Adrenalins keine Phantomschmerzen mehr habe und nach und nach die Schmerzmittel absetzen konnte. Auf Berghütten habe sie erfahren, wie positiv die Haltung der Menschen war und das wollte sie dann Nutzen um anderen Mut zu machen!

Seither filme sie ihre Projekte und halte in integrativen Schulen und Rehakliniken Vorträge! Sie sei derzeit auf Sponsorsuche, da sie gerne nächstes Jahr die 7 Summits im Stubaitail in ca. 10 Tagen schaffen und anschließend noch in Slowenien Kajak fahren und autark leben möchte. Dass Vorbilder wichtig sind für alle Menschen kann Jacqueline demnach nur bestätigen und wünschte sich, dass viel mehr Menschen den Mut fassen über sich hinaus zu wachsen. Wer Jacqueline folgen möchte kann das auch auf ihrer Seite tun http://fritz.media-active.de

Nach den Vorträgen von Kerstin und Jacqueline waren einige Augen nicht mehr trocken. Auch ich kämpfte mit meinen Tränen. Was für einen Kampf diese beiden Frauen leisten, um ihren Traum leben zu können ist schlicht weg beeindruckend und ich würde mir wünschen, dass viel mehr Sponsoren auch solche Geschichten unterstützen.

Am Schluss des Summits fasste Hannah zusammen, dass die Statements von Kerstin und Jaqueline unglaublich emotional waren und man sich also die Frage stellen könnte, warum wir uns überhaupt damit beschäftigen wollen, weshalb Kindern unterschiedliche Rollenbilder angelernt werden, wenn es doch noch wichtigere Themen gebe. Trotzdem würden die Geschichten von Kerstin und  Jacqueline auch genau dafür sprechen, dass auch Mädchen lernen könnten die Mutigeren zu sein – oder zumindest genauso mutig wie die Jungs. Was es hierfür brauche – auch für Menschen mit Einschränkungen – seien Vorbilder im Outdoorsport. Den in diesem Bereich bestehe die größte Chance das Selbstbewusstsein wachsen zu lassen.

Vortrag 9: Wie eine Online Community auch offline verbindet, inspiriert und ermutigt.“ Christine Prechsel über ihre Gründung der Munich Mountain Girls

Christine erzählte, wie Ende 2016 alles damit begann, dass sie auf Instagram damit anfing, bergverliebte Münchner Frauen mit den neuesten Bergabenteuern vorzustellen. Aus diesem Gedanken und dem großen Interesse heraus, sei die Idee entstanden eine Community zu gründen, in welcher die Mountain Girls, Interviews in ihrem Blog halten und persönliche Tourentipps  und -berichte in Magazinen veröffentlichen, „von Frauen für Frauen!“.

Für Christine war der Grundgedanke, Frauen zu vereinen und sich gegenseitig zu schönen Bergtouren und -erlebnissen zu inspirieren. Gleichzeitig sollte die Gelegenheit gegeben werden eines Austausches und neue Berg-Freundinnen zu finden. Das Feedback sei überwältigend gewesen und die Community wachse stetig weiter und auch das Interesse von Firmen oder Berghütten sei inzwischen geweckt.

Eine tolle Sache die inzwischen Wellen weit über München hinaus schlage und eine tolle Möglichkeit für alle Sportlerinnen biete sich zu vernetzen. Finden könnte man die „Munich Mountaingirls“ unter anderem hier http://www.munichmountaingirls.de oder auf Instagram.

Am Ende des Summits betonte Hannah, was es für einen mega Effekt haben könne, wenn man einfach mal den Mut habe eine Community zu starten. Denn an was es absolut im Sport in vielen Bereichen fehle um nachhaltig zu sein, seien motivierte Nachwuchskräfte! Es brauche einfach jemanden der einen Stein ins Rollen bringe.

Vortrag 10: „ana’s way west“

Als abschließenden Vortrag hörten wir dann noch Ana, die über ihre 60 tägige Alpenüberquerung berichtete und was sie dabei erlebt hatte. Sie überquerte die Alpen – von Ost nach West in 60 Tagen – und zwar alleine. Sie biwakierte wann immer es das Wetter zuließ unter freiem Himmel auf dem Berg. Sofern Gewitter auftraten übernachtete sie jedoch auch ausnahmsweise auf Berghütten.

Ana startete zu ihrer Tour am 1. August 2017 in Ljubljana. Die Tour mit ca. 1.900 Kilometern verlief weiter durch die Österreichischen-, Italienischen, Schweizer- und Französischen Alpen. Bis  Ende September war Ana unterwegs und erreichte ihr Ziel in Grenoble.

Geplant war die Tour aus neun Etappen, aus je drei bis zwölf Tagen. Längere Pausen gab es keine, jedoch wurden zwischen den Etappen im Tal z.B. Verpflegungsvorräte aufgefüllt. Auf dem Weg passierte Ana so manche beeindruckende Gipfel.

Bei einem Auf und Ab von circa 120.000 Höhenmetern kann Ana von sich zurecht behaupten: „Ich bin die erste Frau, die diese gesamte Strecke allein zurücklegt.“ Über ihre Abenteuere schreibe sie ein Blog und diesen finde man hier: https://anaswaywest.wordpress.com

Workshop und Fazit

Nach den ganzen Vorträgen vom Sonntagvormittag fasste Hannah nochmals zusammen, dass es viel mehr Raum für solch inspirierende Geschichten geben sollte wie die von Ana – die einfach zeige wie schön es sein kann draußen aktiv zu sein und zu sich selbst zu finden.

Hannah erläuterte, dass für sie das Geschichten erzählen, als Schlüssel für Inspiration gesehen werden könne. Und hier bräuchte es gleichwohl Geschichten von anspruchsvollen Profi-Enduro-Rennen, aber eben auch die von normalen Frauen wie Michelle, die zuerst erst einen Beauty Blog schreiben, um anschließend mit einem erfolgreichen Bikeblog http://cyclingsunday.com Online zu gehen und damit auch viele Anfängerinnen erreichen.

Um Raum für viele unterschiedliche Sportgeschichten zu schaffen und damit den Einstieg zu erleichtern soll die Webseite Bloomers gegründet werden. Hannah erläuterte, dass sie auf den Namen gekommen seien, da die Amerikanerin Amelia Bloomer ein Hosenkostüm kreierte, welches aus einer knöchellangen Hose und einem Kleid, das darüber getragen wurde bestand. Sie wurde damit zu einer Leitfigur einer neuen Grundsatzdebatte und erregte auch in Europa Aufsehen mit ihrem neu geschaffenen Kleidungsstück. Mit diesem sei es nun auch möglich gewesen Fahrrad zu fahren und der Sport half, lang gehegte Traditionen zu stürzen und eröffnete Frauen neue Wege.

Und endlich präsentierte Anna dann auch die Visionen, die sie beide von Bloomers gehabt hätten und erzählte, wie ihnen die Idee dazu auf einer einsamen Berghütte gekommen sei.

Beide wollten aber das Rad nicht neu erfinden, sondern es entstand die Idee, da bereits so viele von den Teilnehmerinnen jetzt schon einen Teil von dem machen, was die zwei sich wünschen, einen Summit zu veranstalten in welchem die Ideen, Wünsche und mögliche Zusammenarbeit geklärt werden könnte.

Bloomers soll also die erste deutschsprachige und Sportarten übergreifende Plattform sein, wo man den Einstieg zu allen möglichen Outdoorsportarten gebündelt finde und zwar leichter, als alle einzeln googeln zu müssen!

Anna wünschte sich, dass die Plattform als Kooperation untereinander verstanden wird, als eine Art Hauptflughafen oder Drehkreuz für alle Outdoor-Sportarten. Umgesetzt werden könnte dies, indem auf bestehende Blogs, Magazine, Hersteller oder Camps verlinkt wird und damit eine Vernetzung und Kooperation stattfinden könne.

Im Anschluss folgte eine rege Diskussion und ein Workshop, wie wir Teilnehmer die Idee finden und wie wir uns ggf. einbringen könnten. Es wurden auf Flip Charts Ideen gesammelt, Vorschläge gemacht und nahezu jeder war begeistert.

Zusammengefasst kann gesagt werden, dass es bei Bloomers um mehr Sichtbarkeit, Partizipation und Diversität gehen soll.

Mein Fazit:

Völlig aufgewühlt, voller Emotionen, Ideen, Dankbarkeit, und neuen Eindrücken wie auch Bekanntschaften beschäftigte mich das Wochenende noch tagelang.

Ich selber hatte nie Probleme mich beruflich in Männerjobs durch zu boxen oder auch (E-) Mountainbiken so extrem auszuüben, wie ich es mir selbst wünsche. Aber ich bin ja vielleicht nicht die Norm oder hatte vielleicht auch einfach nur Glück.

Als ich die Geschichten der einzelnen Profisportlerinnen gehört hatte, die ihren Lebensunterhalt damit bestreiten müssen und die wir auch benötigen um Vorbilder zu haben, aber auch verstanden habe, wieviele Mädchen oder Frauen keine Förderer oder finanziellen Mittel haben und daher nicht gesehen werden, wurde mir bewusst wie dringend wir tatsächlich eine Verbesserung für Frauen und Mädchen im Outdoorsport-Bereich herbei führen sollten. Und wenn wir Firmen, Entscheider oder Verbände damit besser erreichen, indem wir unsere Kräfte und Sportarten auf einer Internetplattform bündeln, hoffe ich einen kleinen Teil dazu beitragen zu können.

Eine breitere Wahrnehmung von Frauen im Outdoorsport könnte also tatsächlich dafür sorgen, dass einerseits Frauen der Einstieg und der Zugang zu unterschiedlichsten Sportarten ermöglicht wird, was ihr Selbstvertrauen fördert. Andererseits könnte die daraus resultierende steigende Medienpräsenz auch langfristig zu einer gerechteren Verteilung von Sponsoren und Fördergelder auch für die Profisportlerinnen führen.

Geschichten von Sportlerinnen wie Jacqueline und Kerstin können jedem Einzelnen von uns passieren und wecken Emotionen in uns, mit denen wir uns identifizieren und mitfühlen. Genau diese Emotionen sind für mich unbezahlbar und haben mich mitten ins Herz getroffen.

Wie Hannah gesagt hat, braucht es also Raum für Geschichten – und zwar alle Geschichten, die der Profisportlerinnen, Extremsportlerinnen, die uns das Adrenalin spüren lassen, aber auch die Geschichten, die uns mitten ins Herz treffen. Ich wünsche mir mehr davon!

Ein herzliches Dankeschön noch zum Schluss an dieser Stelle an Hannah, Anna sowie die Region für die Einladung und an die restlichen Teilnehmerinnen für unvergessliche Gespräche. Auch vielen Dank an Andrea Gaspar-Klein, die unsere Momente mit ihrer Linse eingefangen hat. Alle offiziellen Bilder mit EWOS Logo sind von ihr!

Aber auch Euch möchte ich danken, denn dass mein Blog in so kurzer Zeit so groß geworden ist und ich bei dem Summit dabei sein durfte, habe ich auch Euch zu verdanken – Ihr seid echt super! Und wer bis hier gelesen hat – Hut ab – es war einfach so viel Input an einem Wochenende, das sollte nicht in Vergessenheit geraten.

Ihr dürft also mit mir zusammen gespannt sein, was es im nächsten Jahr alles Neues gibt. In diesem Sinne aber jetzt erstmal noch einen schönen Tag und Liebe Grüße Jani

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