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Vom eBike Kritiker zum eBike Fahrer

Ein eBike Erlebnis im Fichtelgebirge

„Bügel mal den Trail hoch und hol dir nen Kick, du Klapperer!“

– Gastbeitrag von Mario Schilffarth

Vorurteile gegenüber eBiker

In der Schule bekommen wir sie gelernt, im guten Elternhaus sowieso und wir sollten sie alle praktizieren – Die Toleranz. Leider hört sie oftmals auch ganz schnell wieder auf.

Zum Beispiel dann, wenn du schwitzend mit deinem Mountainbike die Kösseine (ein Bergmassiv im Fichtelgebirge) erklimmst und dich – selbst keuchend und prustend, am ganzen Körper vor Schweiß klebend und übersäht mit Mückenstichen – so ein E-Ding mit einem gutgelaunten Biker überholt.

Ok, wenigstens zeigt er Anstand und grüßt mich, der Depp, während ich selbst, ob meiner schwindenden Kraft, höflicherweise gerade noch den Arm zum kurzen Gruß heben kann! Volldepp, denke ich mir und am liebsten würde ich hinterherplärren, dass das mit seinem blöden Motor ja keine Kunst ist.

Ich trainiere mir wenigstens meine angefressene Wampe ab, denke ich mir, während du Affe so fett bleibst wie du bist….

Das Kennenlernen

Irgendwann treffen wir uns, oben am Kösseinehaus. Da sitzt er mit seiner Frau, ebenfalls motorisiert nach oben gekommen und trinkt genüsslich ein Weizen und sie verputzt einen Kaiserschmarren. Nirgends mehr Platz, verdammt. Nur noch bei denen.

„Darf ich?“ frage ich gespielt höflich, „Bitte“ lautet die Antwort. Sein Fahrrad hängt an der Steckdose, die das Kösseinehaus wie selbstverständlich zur Verfügung stellt. Ich bin überrascht.

Wir kommen ins Gespräch über das Biken und ich verteidige vehement und schon fast stinkig das „Bio-Biken“ und wehre mich mit Händen und Füßen gegen dieses neumodische Gedöns.

„Was mich vor allem ankotzt“, sage ich mit einer absichtlich angesäuerten Stimme, „sind diese Typen, die in ihrem Leben noch nie Sport gemacht haben und jetzt von ihren Händlern ein 5.000 € teures eBike gekauft haben. Natürlich ein Fully, das sie nie nutzen, nur ein paar Radwege schippern und großkotzig an dir vorbei fahren!“

Hab ich dich, denke ich mir und gleich entgleisen mir die Gesichtszüge, weil ich damit echt nicht gerechnet habe…. „Du“, sagt er, „das nervt mich genauso. Aber glaubst du mir denn, dass du dich auf dem eBike genauso kaputt machen kannst, wie auf einem Rad ohne Motor?“

Großkotzig lache ich. Richtig schön überheblich. „Komm“ sagt er „ich zeig dir mal was. Du kennst doch den Trail runter auf Schurbach?“

„Klar“, erwidere ich. „Den fahren wir jetzt“ höre ich. Ich antworte: „Spinnst du denn? Da komm ich im Leben nicht mehr hoch nach meinem Fahren heute!“ und dann sagt der noch wildfremde Kerl zu mir, er gäbe mir sein eBike und nimmt das von seiner Frau. Einfach so.

Erst will ich nicht, aber dann denke ich mir, ok, wenn er es anbietet. Es ist ein Bike mit Brose Motor. Er erklärt es mir kurz und ein paar Minuten später ballern wir zusammen nach Schurbach.

Die erste Testfahrt mit dem eBike

„Leck mich am Arsch“ denke ich mir als ich mal richtig Gas gebe und runterfahre. Das Adrenalin knallt mir in die Birne und ich habe mächtig Spaß, den ich natürlich erfolgreich verberge. Unten angekommen sagt er zu mir:

„und jetzt bügeln wir zwei den Trail wieder hoch und du holst dir den Kick, Du Klapperer!“

Er schaltet mein Bike in den Turbo und sagt er würde voraus fahren, denn das ist schon anders als mit dem „Bio“-Bike. Los geht’s… Bämm, der Hammer! Kurz mit der Kurbel aufgesetzt, wo ich mit dem normalen Rad abgestiegen wäre, gebe ich eine halbe Umdrehung im Turbo und das Rad gräbt sich unerbittlich über den Stein, ich schieb meinen Arsch nach hinten und das Bike meistert souverän die Wurzeln und Steine.

Mein Körper ist komplett angespannt, ich bin konzentriert, unter meinem Helm läuft der Schweiß in die Augen, überhaupt – ich bin klatschnass. Vollgepumpt mit allem was mein Körper an Kick-Hormonen zu bieten hat, komme ich oben an und erwische mich selbst mit einem elendig breiten Grinsen im Gesicht.

Die Erkenntnis

Beim anschließendem Weißbier steige ich von meinem hohen Roß. Kleinlaut gebe ich zu, dass das echt Sport ist, in kurzer Zeit haben wir viele Meter gefressen und technisch war es sehr wohl anspruchsvoll. Das weitere Gespräch bei noch einem Weißbier war Fachgesimpel.

Das ist jetzt zwei Jahre her. Wir treffen uns noch oft, wir fahren zusammen, er mit seinem eBike und ich mit dem eMTB Specialized Levo.

Ich ballere mit meinem Kumpel den Berg hoch, wir überholen eine Gruppe Mountainbiker. Ich grüße freundlich. Gequält grüßt man zurück. Oben trifft man sich, ich trinke mein Weißbier.

„Ihr mit euren Motoren, ist ja keine große Kunst“ sagt einer der Mountainbiker bei mir am Tisch angekommen. „Kennst du den Trail nach Schurbach?“ frage ich… das wird ein geiler Tag…

ENDE

Vielen Dank an Mario für seine Gedanken, die ich Euch nicht vorenthalten wollte. Er hatte sie bei mir auf der Facebookseite unter einem Beitrag kommentiert und ich fand es zu schade, dass sie fast ungelesen im WorldWideWeb verschwinden.  

Seine Geschichte zeigt eindrücklich, wie sich die Ansichtsweise ändern kann, sobald man offen für Neues ist und einfach mal eine Testfahrt wagt. Alle Gedanken und Erzählungen sind von Mario – danke fürs Ausleihen und mit uns Teilen.

Ach ja und wie Ihr wisst sollte man Trails nur hoch fahren, wenn es Trails sind, die nicht explizit als MTB Trails ausgewiesen sind und wo jederzeit mit Begegnungsverkehr zu rechnen ist. Achtet da bitte drauf.  😉 

Wie waren denn Eure erste Erfahrungen und Berührungen mit einem eMTB?

Über Kommentare würde ich mich sehr freuen.

Außerdem freue ich mich immer, wenn Ihr mir Eure Geschichten und Bilder mailt, ich würde gerne ab und zu auch Storys von Euch veröffentlichen, falls Ihr Lust dazu habt? Ich kann natürlich nicht alle Geschichten berücksichtigen, aber wenn es thematisch passt und sie mir gefallen, mache ich das sehr gerne.

Übrigens waren wir auch bereits einmal im Fichtelgebirge und fanden es unglaublich schön. Mehr dazu könnt Ihr hier nochmals nachlesen: Märchenwälder gibt es doch – wie uns das Fichtelgebirge verzaubert hat!

Habt morgen noch einen guten Start in die Woche.

GLG Jani

9 Gedanken zu “Vom eBike Kritiker zum eBike Fahrer

  1. Das finde ich eine super Story. Genauso empfinde ich das mit dem Vorurteil gegen das e-biken. Man versteht sich eben erst, wenn man es selbst ausprobiert hat. Ich jedenfalls würde mein e-bike nicht mehr hergeben. Ich bin auch 20Jahre ohne Unterstützung fast alles gefahren. Jetzt mit 61 Jahren auf dem Buckel auch umgestiegen auf Turbo Levo. Habe Gesundheitlich mit dem Herz ein Handycap und gerade ist mein Levo die ideale Lösung für mich. Super mach weiter so mit deinem Blog.

    1. Hallo Hans,
      vielen Dank Dir für Deine Worte. Das freut mich natürlich total, denn auch ich kann mir vorstellen, dass ein eMTB einem eine große Hilfe sein kann vor allem wenn man gesundheitlich angeschlagen ist. Super, dass Du so happy mit Deinem Turbo Levo bist und ich habe natürlich auf Deiner Seite nachgeschaut – sieht super cool aus – auch was du damit fährst 😉 GLG an dieser Stelle und bis hoffentlich bald, Jani!

  2. Die Geschichte kann ich gut nachvollziehen. In ähnlicher Art und Weise begegnen mir auch immer wieder Vorurteile. Dabei kann ich die in gewisser Weise schon verstehen. Bevor ich mein eMTB Probe gefahren bin, wollte ich auch nie ein eBike („Ich bin doch kein Opa!“). Heute möchte ich nichts anderes mehr fahren. Die Vorteile sind einfach enorm und der Fahrspaß unschlagbar.

  3. Klar machts mit dem Stromrad Spaß und kann anstrengend sein. Motocross fahren mit 250 ccm macht auch super Spaß und ist auch anstrengend. Da sind mit die ebikes natürlich lieber, weil sie keinen Krawall machen. Aber es sind halt unterschiedliche Sportarten.

    1. Hi Tom, Danke Dir für Deine Meinung und ich sehe es wie Du, wer eMTB richtig sportlich fährt, der bewegt sich aus meiner Sicht innerhalb einer völlig neuen Unterkategorie des Mountainbikes- genau wie XC, Marathon, Enduro oder Downhill würde ich das eMountainbiken in einer eigene Kategorie sehen, da es um andere Fähigkeiten geht und eben auch die Uphilltechniken stärker gefragt sind. GLG Jani

  4. Hi Jani,
    ein e-bike-Erlebnis im Fichtelgebirge? Oder nicht doch besser: G´schichten aus dem e-biker-Wald? Die e-biker sind ja alle so top drauf, immer grinsend und gutgelaunt. Die Kondi und die Kraft gibt´ s ja fast umsonst dazu nach dem Motto „Der Herr gibt´s den Seinen im Schlaf“!
    Von nichts kommt nichts war früher, gilt eigentlich nur noch für Jogger. Verständlich, denn der Sieben-Meilen-Stiefel, den man über Nacht an der Steckdose nuckeln lässt, ist ZUM GLÜCK noch nicht erfunden worden.
    Auch beim RR tut sich ja schon was. Bei einem e-Modell aus Italien mußte ich schon ziemlich nah ran und mit Lesebrille….
    Ich mit meinem MTB -derzeit durch und durch retro ( null Federung) – habe überhaupt nichts dagegen, wenn ich von einem eMTB überholt werde wie letzten So. (welche Tole-Ranz!). Bis auf den einen, der mich auf dem RR beim überholen anschieben wollte, war es immer kurz und schmerzlos und zwar dermaßen schnell, daß ich von Grinsen und guter Laune nichts mitbekam. Die Überholer war diesmal so schnell bergauf, der hätte in der Kurve driften können!
    Wo aber Schluss ist bei mir (mit der deutschen „Ranz“ ): Ich sitze auf dem RR und plötzlich hängt jemand an meinem Hinterrad, so ein „Lutscher“, Abstand 1 Finger, nicht Länge, eher Breite!
    Hatte da schon fast alle Sorten: MTBler, der plötzlich wie gestochen an der Kurbel riss oder Treckingradler mit Triatlonaufsatz. Ein e-biker fehlt mir bisher noch in meiner Sammlung, mit Tuningkasterl am e-bike, gell?!, Großes Lob an die Frauen, die machen das einfach nicht, NIE!
    Durst beim fichteln im Gebirge? Da muß es für Geschlechtsgenossen, ganze Kerle, nat. das Weizen sein und wenn es ein Alkoholweizen gewesen wäre, hätte der Autor ja auch von Bierchen gesprochen.
    Ich unterstelle hier mal das Weissbier alkohlfrei.
    Wenn es allerdings anders war:
    Alkohol und Sport sind wie Hund und Katz, ein No-Go!!! Da kenne ich keine „Ranz“ mehr. Abwärtsballernde Pseudosportler, besser: Trinker sollte diese Szene ganz schnell aussortieren:Rote Karte!
    Greetz

    Dass man beim fichteln im Gebirge auch mal Durst hat und einkehrt ist

  5. Also ich bin 28 und fahr seit ein paar Monaten E-Bike. Warum? Weils Spaß macht ganz einfach! Ich bin die die letzten 10 Jahre mit nem alten Trekkingrad nur in die Arbeit, zum Supermarkt oder zum Kumpel um die Ecke gefahren.
    Seitdem ich Besitzer eines tollen E-Bike Fully’s bin, ist kein Berg mehr vor mir sicher. Durch das E-Bike hab ich wieder Spaß und Begeisterung an Radfahren entdeckt.

    1. Hi Marco, sorry ich kam noch gar nich dazu, Dein Kommentar zu beantworten. Danke Dir für Deine Zeilen, das freut mich, dass Dir das E-Bike wieder den Spaß am Radfahren zurück gebracht hat. So geht es ganz vielen von uns und mir hilft es vor allem sehr oft, meinen Schweinehund zu überwinden, wenn ich z.B. müde bin doch noch drauf zu sitzen. Hinterher bin ich immer über glücklich unterwegs gewesen zu sein und das ist auch einfach eine feine Sache. Dir weiterhin ganz viel Spaß und liebe Grüße, Jani

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